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Juso-HSG Konstanz

Geschichte der Juso Hochschulgruppen

Zur Entstehung des Verbandes

In den 60er Jahren waren wie in vielen Ländern Westeuropas und in den USA auch an den westdeutschen Hochschulen studentische Protestbewegungen entstanden. Die Studierenden begehrten auf gegen die verkrusteten und überholten Strukturen an den Universitäten. „Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren“ lautete ein bekanntes Motto. Der Protest richtete sich gleichzeitig aber auch gegen den krassen Widerspruch zwischen den öffentlich proklamierten freiheitlich- demokratischen Werten und der politischen und gesellschaftlichen Realität des Vietnamkrieges, des Kalten Krieges mit seinem Wettrüsten, der nicht erfolgten Vergangenheitsbewältigung usw. 1960 wurde der „Sozialdemokratische Hochschulverband“ (SHB) gegründet. Er sollte ein Gegengewicht zur unbequem gewordenen Studierendenorganisation der SPD, dem „Sozialistischen Deutschen Studentenbund“ (SDS) schaffen, welcher sich immer mehr von der SPD und ihrem (damals neuen) Godesberger Programm entfernte. Bereits 1965 jedoch begann auch der SHB vom Kurs der Mutterpartei abzudriften. In seinem Grundsatzprogramm von 1972 wurde offen die Kooperation mit dem DKP-Studierendenverband „Marxistischer Studentenbund (MSB) Spartakus“ gesucht und eine „anti- monopolistische Strategie“ festgeschrieben. Die Ablehnung der prinzipiellen Aktionseinheit des SHB mit dem MSB- Spartakus war die hauptsächliche Motivation für die Entstehung der Juso- Hochschulgruppen. Im März 1973 trafen sich Jusos aus fünf Universitäten zu einem gemeinsamen Seminar in Saarbrücken, das seither als das Gründungstreffen der Juso-Hochschulgruppen gilt. Diese wollten innerhalb des Juso- Gesamtverbandes an der Neugestaltung der SPD mitarbeiten. Zentralistische und menschenfeindliche Sozialismusmodelle wie das der DDR oder der Sowjetunion, die vom SHB und MSB- Spartakus angepriesen wurden, lehnten sie kategorisch ab. Im Juli 1973 wurden u.a. folgende Standpunkte formuliert, die sich in einigen Punkten doch deutlich von denen der 68er-Bewegung unterscheiden:

  • Studentische Politik muss sich an realen studentischen Problemen orientieren. Dabei hat eine sozialistische Organisation nicht die Funktion einer Avantgarde der politischen Bewegung, sondern muss die Probleme der Betroffenen erkennen und lösen helfen. Aktionen müssen Ausdruck politisierter Betroffenheit sein, nicht die bloße Ausführung von Vorstandsbeschlüssen einiger Organisationen.
  • Es gibt keine Interessenhomogenität von ArbeiterInnen und Studierenden. Studierende sind gesellschaftspolitischer Teil der Intelligenz und damit klassenmäßig nicht einzuordnen. Große Teile der Intelligenz partizipieren an kapitalistischer Herrschaft, die gesellschaftliche Trennung von Hand- und Kopfarbeit unterscheidet sie prinzipiell von der ArbeiterInnenklasse. Folglich hat sozialistische Politik v.a. diejenigen studentischen Interessen aufzugreifen, die sich gegen die spezifisch kapitalistische Formbestimmtheit des Ausbildungssektors richten. Ein wesentlicher Ansatzpunkt sozialistsicher Hochschulpolitik muss die Kritik bürgerlicher Wissenschaft sein.
  • Die von Lenin übernommene Trennung von gewerkschaftlichem und politischem Kampf, die MSB-Spartkus und SHB betreiben, muss von den Jusos kritisiert werden. Reine Interessenvertretung von Studierenden lässt sich nur in eine anti- monopolistisches Weltbild einordnen. Die studentischen Massen sollen mit Mitteln der Waschmittelwerbung mobilisiert werden. Politische Einsicht braucht allein die Avantgarde. Sozialistische Hochschulpolitik auch im AStA oder in einer Fachschaft darf sich jedoch nicht beschränken auf kurzfristige, meist materiell begründete Fragestellungen, sondern muss einen umfassenden Politisierungsanspruche über die Zusammenhänge von Hochschule und Gesellschaft beinhalten.
  • Bündnisse haben nur taktischen Charakter zur Durchsetzung bestimmter Teilziele. Prinzipielle BündnispartnerInnen für JungsozialistInnen gibt es nicht.

Vor diesem Hintergrund gründeten sich erste Juso- Hochschulgruppen, die kurz darauf zum einzigen Studierendenverband der SPD wurden. Dem SHB wurde zunächst die finanzielle Unterstützung gestrichen, und 1974 das „sozialdemokratisch“ in seinem Namen untersagt, worauf seine Umbenennung in „Sozialistischer Hochschulbund“ erfolgte. Auch der Bundesausschuss der Jusos, der 1974 den SHB noch als zweite Vertretung der JungsozialistInnen neben den Juso- Hochschulgruppen anerkannt hatte, sah ab 1979 im SHB nur noch eine eigenständige Organisation im sozialdemokratischen Spektrum. Die Juso- Hochschulgruppen konnten ihre organisatorische Basis sehr schnell erweitern. Bereits 1973 kamen zu den fünf Gründungsgruppen fünf weitere hinzu. 1974 gab es schon 25, 1975 60 und 1976 sogar 90 Juso- Hochschulgruppen. Danach – und vor allem mit dem Ende der sozialliberalen Koalition 1982 – wurde diese Zahl wieder rückläufig. In den 70er und 80er Jahren entwickelten sich die Juso- Hochschulgruppen zu einem der größten Studierendenverbände in der Bundesrepublik. Im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR entstand noch im Dezember 1989 an den dortigen Hochschulen der Bund Sozialdemokratischer Studierender (BSDS). Für ihn war es wichtig, dazu beizutragen, die Studierenden aus der staatlich verordneten Unmündigkeit herauszuführen und bei der Demokratisierung der Hochschulen mitzuwirken. Nach der Vereinigung konstituierten sich schließlich beide sozialdemokratischen Studierendenverbände im Januar 1991 als Juso-Hochschulgruppen. Für den BSDS war der Zusammenschluss mit den Juso-Hochschulgruppen vor allem deshalb möglich, weil diese frühzeitig an der Seite der demokratischen Opposition in der DDR gestanden hatten und weil weiterhin deutlich wurde, dass auch bei einer engen formalen Anbindung an die SPD eine eigenständige unabhängige Politik möglich ist. Heute sind die Juso- Hochschulgruppen an vielen Universitäten und Fachhochschulen in Ost und West präsent. 2003 feierten sie ihr dreißigjähriges Bestehen.

 

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